Das neue Jahr ist jetzt schon einen Monat alt und ich hoffe, Ihr habt es bisher gut verbringen können. Ich bin seit dem 27. Dezember wieder in Leuven und habe die 11-Stunden-Reise tatsächlich ohne jegliche Verspätung (!) hinter mich bringen und die Zeit sogar nutzen können, um einen Eastplaining-Beitrag zu verfassen. Mir wurde wieder mal vor Augen geführt, wie schön doch Zugfahren sein kann - man muss sich auf nichts konzentrieren, kann im Ruhebereich entspannt seine Arbeit erledigen oder auch das zu Weihnachten geschenkte Buch auslesen. Wenn es nur immer so wäre - ich würde nie wieder mit dem Auto verreisen. Und es ist ein wirklich cooles Gefühl, abends aus einem Zug auszusteigen und zu wissen, man hat 850 Kilometer zurückgelegt und ist jetzt auf einmal in einem anderen Land. Das ist nicht vergleichbar mit einem Flugzeug, davon bin ich fest überzeugt. Fliegen geht zwar schneller, aber beim Zugfahren kommt erst wieder das Bewusstsein auf, die Welt ist groß. Bilbo und Meggie und Kvothe haben es vor mir schon festgestellt - es geht nicht um das Ankommen, sondern um das Unterwegs.
(Ja, das sind alles Charaktere aus Büchern. Ja, ich romantisiere mein Leben durch poetische Parallelen zu den Abenteuern in meinen Lieblingsgeschichten. Lebt damit.)
Der Silvesterabend im College war eine durchaus spaßige Angelegenheit. Wir leiteten den Abend durch den Aufbau einer Self-made-Burger-Bar in unserer Küche ein, bei dem die Kleiderordnung as fancy as possible vorgegeben war ("so schick wie möglich"). Ich hatte mir von Zuhause ein schwarzes Spitzenkleid eingesteckt und war dementsprechend vollkommen angemessen gekleidet. Nur der rote Lippenstift hielt leider nur bis zum Ende des ersten Burgers durch. Die Burger waren eine gute Basis für die nun folgende Trink-Session, in Kombination mit einer Runde What do you meme im Aufenthaltsraum. Dann schlossen wir uns ungeplant und unvorhergesehen einer anderen Amco-Gruppe an, die von einem nahegelegenen Aussichtspunkt die Feuerwerke über Leuven beobachten wollten. Als wir an besagtem Aussichtspunkt ankamen, stellte sich heraus, dass dieser auf dem abgesperrten Gelände einer Schule lag. Treue Leser*innen dieses Blogs werden sich an diesen Beitrag aus meinen ersten Wochen hier erinnern, bei dem wir auf relativ illegale Art und Weise über einen Zaun kletterten, um dann durch Unterholz einen Blick auf die Stadt werfen zu können. Offenbar hatte sich das Schicksal dazu entschlossen, mir gegen Ende meines Semesters in Leuven noch einen zweiten Ausflug in die Nicht-so-ganz-Legalität zu verschaffen. Der Ausblick vom Balkon der Schule war super, wir konnten trotz des generellen Böllerverbots in Leuven einige kleine Feuerwerke beobachten. Es war eigentlich besser als zu Hause, man freut sich viel mehr über das, was man sieht, wenn man nicht so viel sieht. Und die Sauberkeit der Straßen am nächsten Tag sollte bitte eine Lehre für alle Menschen in Deutschland sein, die zwar laut und langatmig für ihr Recht eintreten, jährlich aufs Neue Unmengen an Geld in die Luft zu jagen, aber sich dann nicht dazu durchringen können, ihren Müll am nächsten Tag wegzuräumen.
Als es plötzlich hieß, ein Polizeiauto sei gesichtet worden, verließen wir die Schule auf demselben Weg, wie wir gekommen waren, nämlich durch das Erklettern eines Zaunes (aber macht Euch keine Sorgen, er ging mir dieses Mal nur bis zur Hüfte. Für ein Dorfkind kein Problem). Die Polizei sahen wir letzten Endes nicht, sondern machten uns auf den Rückweg ins College. Dort gab es Mitternachts-Tiramisu und eine kleine Anstoß-Zeremonie. Erst im Nachhinein fiel mir auf - ich hätte nicht mal meinen Ausweis dabei gehabt.
Der Abend war natürlich noch nicht vorbei und wir gingen nahtlos dazu über, um ein Uhr nachts auf Wollsocken über den Boden unseres Flurs zu sliden und hausinternen Fußball zu spielen. Für mich das erste Mal Fußball seit wahrscheinlich dem Kindergarten. Es ist auch viel einfacher, mal an den Ball zu kommen, wenn man ein bisschen angetrunken und das Spielfeld nur drei mal sieben Meter groß ist. Unser Turnier beinhaltete das Fast-Auslösen des Uni-Alarmsystems und das Abschießen des Feuerlöschers. Irgendwann wandelte sich das Spiel von Fußball zu Bowling mit Bierflaschen, und dieses Spiel wandelte sich zu guter Letzt wiederum zu einer Runde Glasscherben-vom-Boden-Aufsammeln. Wir machten uns zur Schohnung etwaiger schlafender Personen im Umkreis von fünfundzwanzig Metern schließlich auf den Weg, um die Party im Aufenthaltsraum fortzusetzen. Die Musik war gut, die Leute sowieso. Irgendwann standen wir dann schließlich draußen und setzten das Tanzen dort fort, unter der erfrischenden Wirkung eines neujährlichen Wolkenbruchs. Ich hatte nicht mal Schuhe an - Ruhe in Frieden an meine Feinstrumpfhosen.
(Bin übrigens nicht krank geworden, für alle besorgten Leserinnen, die sich in einer Mutterrolle befinden.)
Alle, die diesen Blog regelmäßig lesen, werden bemerkt haben, dass es nun schon knappe fünf Wochen her ist, seit ich hier den letzten Beitrag gepostet habe. Vielleicht hat sich der eine oder die andere sogar schon gefragt, warum ich so lange kein Lebenszeichen von mir gegeben habe - laut Insiderinformationen gibt es ja anscheinend tatsächlich Menschen, die an diesem Geschreibsel hier Gefallen finden. Nein, ich wurde nicht aus dem Land ausgewiesen oder von der Drogenmafia in Antwerpen gekidnappt. Stattdessen habe ich mir das belgische Universitätssystem mal so richtig intensiv zu Gemüte führen können. Schon den Neujahrsmorgen habe ich im Study Room verbracht, das sagt einem eigentlich alles, was man wissen muss. "Selbst wenn man jedes Detail eines Lehrbuchs im Kopf hat, kann man eine Prüfung mit drei von zwanzig Punkten abschließen", wurde mir letztens mitgeteilt. Um klarzustellen - ich bin die Erste, die der Meinung ist, man sollte seine Noten nicht geschenkt bekommen. Ich glaube durchaus, dass das deutsche Uni-System manchmal durchaus lasch ist mit seinen Erwartungen an seine Studierenden, weil unterfinanziert und unterbesetzt. Aber das hier ist keine Alternative, das ist nur ein anderes Extrem. Die letzten sechs, sieben Wochen Blok (anders ausgedrückt, Prüfungszeit) haben zu einem rigide festgesetzten Tagesablauf geführt, der außer Aufstehen - Lernen - Essen - Spaziergang - Lernen - Schlafen nicht viel Raum für etwaige andere Vorhaben ließ. Aufgrund meiner begrenzten kognitiven Kapazitäten hatte Blok da Priorität vor Blog - wenn man physisch, seelisch und moralisch einfach nur müde ist, passen die Worte immer irgendwie nicht so richtig zusammen. Im Übrigen lohnt sich die Schreiberei ja auch erst dann, wenn man auch etwas hat, worüber man schreiben kann.
Und so habe ich die letzten paar Wochen verbracht: mit nichts anderem als Lernen, Essen, Laufen und Schlafen. Es stumpft dich mental ab, ganz ehrlich, diese tägliche Gleichheit. Keine Abwechslung, keine anderen Menschen außer denen, mit denen man zusammenlebt. Das aufregendste Event in diesen Wochen waren die vier Schnee-Tage Mitte Januar, an denen tatsächlich der See in der Nähe zufror und eines Morgens über fünf Zentimeter Neuschnee das College dekorierten. Schnee in Leuven war auch noch mal eine Erfahrung der anderen Art - ich glaube, ich habe genau einen gestreuten Bürgersteig in der Stadt gefunden. Der generelle Konsens schien zu sein: "Wie, du störst dich an einem voll vereisten Gehweg? Der Stärkste überlebt, sweetheart." Neben diesen Wetteranomalien klammerte ich mich, um nicht in EU-Abkommen oder Charles V. unterzugehen, an die achte Staffel Queer Eye, Schokolade und die Aussicht auf meine alljährliche Post-Prüfungs-Tradition, Stolz und Vorurteil 2005. Außerdem buchte ich aus Frustration ein Hostel in Amsterdam. Was für mich am schwierigsten nachvollziehbar ist, ist die Bereitschaft der Studierendenschaft, das Uni-System mitzutragen. Andernorts wäre bei derartig unmenschlichen Erwartungen an die Leistungen der Studierenden schon Hörsäle besetzt, Demos angekündigt und wütende Artikel in den Unizeitungen veröffentlicht worden. Was ich mir allerdings anhören darf, ist die Vermutung, dass man in Deutschland ja vielleicht gute Noten bekommt, wenn man "sein Bestes gegeben hat". Nun, dazu ist mir dann wirklich nichts mehr eingefallen. Vielleicht sollte ich mein Studium gleich aufgeben, es scheint ja keinen Sinn zu haben, wenn man sich nicht bis zum Gehtnichtmehr dafür aufreibt.
Und wenn es nur das wäre, dann könnte es mir ja eigentlich auch egal sein. Andere Lernkultur, andere Erwartungen, andere Methoden. Aber es ist nicht nur das. Ich mache mir einfach Sorgen um alle, die diese Tortur jedes halbe Jahr ertragen müssen, die gesundheitliche Probleme haben, die mit irgendeiner Art von persönlicher Einschränkung studieren, deren mentale Gesundheit während des Bloks den Bach runtergeht. Es kann nicht der Sinn der Sache sein, ein System zu haben, dass den einzigen Sinn zu haben scheint, Psychotherapeut*innen die Taschen zu füllen. Um noch mal klarzustellen - wer mich kennt, weiß, dass ich diese Dinge hier nicht sage, weil ich mir ein entspannteres Leben wünsche und keine Lust auf's Lernen habe. Ich bin in jeder Prüfungsphase gestresst, ich arbeite immer viel, erwarte auch viel von mir selbst und habe meine Ansprüche, bin wahrscheinlich etwas zu ehrgeizig und verbringe meistens mehr Zeit als vielleicht notwendig mit Uni-Arbeit (Grüße gehen an der Stelle raus an die Studienstiftung). Aber ich werde diese Erwartungen hier bewusst niedriger halten - alles andere ist es nicht wert. Und um es der lieben KU Leuven noch mal so richtig zu zeigen, habe ich am Dienstag, zwei Tage vor meiner letzten Prüfung, das Schwerverbrechen begangen, abends auszugehen. Es war der letzte Abend, an dem wir das als Gruppe noch machen konnten, denn die meisten von uns sind die nächsten Tage schon nach Hause gefahren. Und auch wenn sämtliche belgische Studierenden mit tief geschockten Gesichtern reagierten, als sie hörten, dass ich noch eine Prüfung hatte und es trotzdem wagte, wegzugehen - nun, das war es wert. Immerhin ist das hier immer noch ein Erasmus-Semester, auch wenn die sechswöchige Lernzeit uns das schon fast hatte vergessen lassen. Zeit mit den Menschen hier ist mir schlussendlich wichtiger als Zeit mit den Prüfungsinhalten zu verbringen.
Blok hin oder her. Zwei Tage nach diesem Abend hatte ich meine letzte Prüfung (*insert shocked pikachu face*) |
Aber der Blok ist jetzt schlussendlich doch vorbei, gestern hatte ich meine letzte Prüfung. Die Leute werden spürbar entspannter, machen wieder Witze, machen wieder Dinge, die nicht an einem Schreibtisch stattfinden. Die Prüfungen an sich waren relativ okay, nächste Woche wird sich dann herausstellen, ob das auch ausgereicht hat, um wenigstens auch ein paar Credits mit nach Hause nehmen zu können. Zwei meiner Prüfungen waren mündlich und ich wurde bei beiden dieser mündlichen Prüfungen in meiner charakteristisch weit ausholenden Antwort unterbrochen, Begründung: "Sie wissen anscheinend, wovon Sie reden, dann können wir ja mit etwas anderem weitermachen." Das sehe ich dann wohl einfach als ein positives Zeichen? Mündliche Prüfungen sind zwar etwas entspannter als schriftliche, dafür aber auch gleichzeitig nicht wirklich, weil sich mein Gesprächstempo in der Hoffnung, JEDES DETAIL irgendwie unterbringen zu können, bedenklich erhöht. Naja. Ich bin ja zum Glück nicht diejenige, die zuhören muss. Aber was soll ein Mensch auch tun, wenn sie von allen Soziologie-Vorlesungsinhalten aus drei Monaten ausgerechnet nach dem Einfluss von Linguistik auf den Strukturalismus gefragt wird. Oder die Relevanz von Debatten über Oscar Wildes Kunstverständnis für die moderne Gesellschaft erörten soll (Spoiler: Besagte Relevanz existiert praktisch nicht. Nun, fast nicht.) Zumindest ist es auch einfach mal schön, einen Zuhörer zu haben, dem man ohne sämtliche Zurückhaltung die eigene Meinung über absolute Randthemen präsentieren kann, welche man zufällig selbst überaus interessant findet. Aber weil sich die Leserschaft dieses Blogs nicht freiwillig dafür entschieden hat, meine Meinung zu diesen Themen anzuhören, geht's jetzt mit anderen Dingen weiter. Wer diese Meinung trotzdem hören will - sagt Bescheid, ich stehe Euch zur Verfügung.
Ein paar selbstkuratierte und teilweise selbst erstellte Memes aus den Tiefen des Bloks. |
Am Dienstag besuchten wir das Royal Museum of Central Africa in Tervuren. Für alle, die es nicht wissen: Belgien war jahrzehntelang Kolonialmacht im Gebiet des heutigen Kongo und hat sich wenig überraschend auch für die Gräueltaten zu verantworten, die Kolonialmächten generell eigen sind. Von 1895 bis 1908 existierte der "Kongo-Freistaat" als persönliche Kolonie des damaligen belgischen Königs Leopold II. und wurde zwischen 1908 und 1960 von der ab dann verstaatlichten Kolonie "Belgisch-Kongo" abgelöst. Die Ressourcengier des industrialisierten Europas und die Fähigkeit von Menschen, anderen Menschen die schlimmstmöglichen Dinge anzutun, führte dazu, dass Millionen von Menschen im Kongo starben und noch mehr dieser Menschen systematisch verstümmelt, vergewaltigt, entführt oder für Arbeit ausgebeutet wurden. Die Profite des Kongo-Freistaats endeten auf einigen Umwegen dann - wo auch sonst - in den Taschen des belgischen Monarchen (falls Ihr mal eine Rechtfertigung dafür braucht, warum es vielleicht eine ganz gute Idee wäre, mal einen genaueren Blick darauf zu werfen, wo dieser Reichtum so hinverschwunden ist. Hab gehört, der europäische Adel bewohnt ganz nette Häuschen.).
Das Museum in Tervuren ist nach wie vor im Besitz zahlreicher wertvoller Artefakte, Kunstgegenstände, archäologischer Funde aus dem Kongo und Zentralafrika. Während der letzten Jahre wurde es schon öfter kritisiert, für eine Darstellung der geschichtlichen Zusammenhänge, die die Rolle des belgischen Königshauses und Staates als Kolonialmächte herunterspielte. Warum befinden sich diese Ausstellungsstücke in einem protzigen nordeuropäischen Palast? Weil dessen Herrscher den Bau mit blutigem Geld finanzierte und dabei besagtes Blut gekonnt ignorierte. Diese Frage fand ich in der Ausstellung leider nicht ausdrücklich genug beantwortet. Es war alles unglaublich interessant und es war auch ersichtlich, dass das Museum heute viel Wert auf Zusammenarbeit auf Augenhöhe und Projekte mit Menschen aus der Region legt. Aber es reicht noch nicht, meiner Meinung nach, um tatsächliche Aufarbeitung zu leisten. Zu viel wird als gegeben hingenommen, und dafür, dass sich das Museum in einem Palast befindet, an dessen Außenseite nach wie vor die Initialen des Ausbeuters Leopold II. zu lesen sind, fehlte mir die Bereitschaft, den "Kongo-Freistaat" als das zu benennen, was es war: ein menschenfeindliches System, welches der Bereicherung europäischer Adeliger und Industrieller diente.
Der heutige Kongo selbst bleibt nach wie vor ein Land, in dem Gewalt und Ausbeutung herrscht. Aber was soll's, die Wirtschaft in Europa brauchte halt Gummi, damals in den 1880ern, und heute braucht sie eben Kobalt und Schokolade. Kann man nichts machen, freier Markt und so, immerhin sind wir ja keine Kolonialmacht mehr, und wer ist jetzt hier eigentlich der Ausbeuter, der europäische Handykäufer oder der geflüchtete Sozialstaatsschnorrer? Keine Sorge, Adam Smith hat es doch vorgerechnet: Der Reichtum der Ohnehin-Schon-Reichen wird schon irgendwann bei den Kindern in den kongolesischen Minen ankommen. Es dauert jetzt sicher nicht mehr lange, bis es so weit ist. Ganz bestimmt.
Meine Zeit in Leuven neigt sich langsam dem Ende zu. Ich werde jetzt noch eine Woche hier verbringen, dann ein Wochenende nach Amsterdam fahren. Zu guter Letzt werden mich noch meine Eltern und Lieblings-Geschwister besuchen kommen, denen ich dann eine knappe Woche lang das Land zeigen darf. Danach geht es zurück nach Görlitz und zu sagen, dass ich nicht darauf eingestellt bin, wieder nach Hause zu kommen, wäre eine Untertreibung. Gestern mussten wir zwei meiner besten Freunde verabschieden. Der Abschied dauerte eine knappe Stunde, die wir in der Küche verbrachten und noch mal über alle kleinen, feinen Dinge lachten, die so passiert sind im letzten halben Jahr. Ich sage "lachten", naja, man kann richtig gut lachen, wenn man sich die Augen ausheult, ich kann das zumindest super, wie ich feststellen durfte. Wir ärgerten uns noch mal mit allen kleinen scherzhaften Sticheleien, die sich so angesammelt hatten, wir umarmten uns noch ein letztes Mal, und noch mal, und noch mal, und verdammt, ich wollte eigentlich happy sein über das Ende meiner Prüfungen, und jetzt sitze ich auf meinem Bett und heule schon wieder. Liegt nur daran, dass der Song im Hintergrund grade so traurig ist, glaubt mir. Meine Menschen hier haben diese fünf Monate genutzt, um sich in meinem Herz breitzumachen. Ich hoffe, irgendwann werden sie sich alle auch mal auf der Luftmatratze in meinem Wohnzimmer breitmachen.
Ich freue mich auch wieder auf Zuhause, glaubt mir, ich freue mich auf Berge und auf Jena und auf Katzen und Großeltern und Dorf und Uni ohne Blok. Aber momentan ist die Freude irgendwo weit unten. Die Perspektive darauf, hier in Amco ohne Toni und Joe und Vonne und Benji und Line aufzuwachen, ist nicht besonders erhebend, denn die Küche ist nicht mehr derselbe Ort ohne sie, die Stadt ist irgendwie leerer, und es wird nie wieder so sein, wie es die letzten Monate war. Aber auch das ist Erasmus. Abschied. Abschied aber in dem Wissen, dass man den größten Zufälligkeiten im Leben getrotzt hat und plötzlich, an einer der zahlreichen Kreuzungen im Leben, auf Menschen trifft, von denen man weiß, dass sie zu einem dazugehören. Und auch wenn man hinter der Kreuzung den eigenen Weg erst mal wieder allein weitergeht: Hinter der Kurve sieht man sich vielleicht schon wieder.
Eure Hanna (die sich jetzt erst mal unter eine Decke verkriecht und Stolz und Vorurteil schaut. Wenn man sowieso schon am Heulen ist, kann man das auch zu einem guten Film tun.)
Kommentare
Kommentar veröffentlichen